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Charcot-Fuß: Ursachen, Diagnose und Behandlung

  • Autorenbild: Alina Blank
    Alina Blank
  • 27. Apr. 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Menschen mit Diabetes und Polyneuropathie, bei denen eine fehlende Schmerzreaktion auftritt, können das Endstadium traumatischer Skelettverletzungen, wie dem Charcot-Fuß, vermeiden. Der Charcot-Fuß ist eine Komplikation des Diabetes mellitus und wird als eine spezielle Form des diabetischen Fußsyndroms betrachtet. Es handelt sich um eine Erkrankung, die durch akute und chronische Veränderungen der Fußgelenke gekennzeichnet ist. Das Besondere an diesem Krankheitsbild ist, dass die Zerstörung des Fußskeletts aufgrund der verminderten oder fehlenden Sensibilität weitgehend schmerzfrei verläuft.

Erstmals wurde die Neuroarthropathie oder neurotrophen Gelenk als nosologische Einheit im Jahr 1703 von W. Musgrave beschrieben. Der Zusammenhang zwischen Fußbeschwerden und syphilitischer Schädigung der Rückenmarkbahnen (tabes dorsalis) wurde 1868 von dem französischen Neurologen

J.M. Charcot festgestellt. Später wurde festgestellt, dass diese Veränderungen auf eine Vielzahl von Ursachen zurückzuführen sein können (Polio, Alkoholmissbrauch, Rückenmarksverletzungen, Chemotherapie). Die ersten Untersuchungen, die Diabetes mellitus (DM) und Arthropathie in Verbindung brachten, stammen aus dem Jahr 1936.

Obwohl die genauen Ursachen des Charcot-Fußes noch nicht vollständig verstanden sind,

wurden in den letzten Jahren Therapien entwickelt, die die Prognose entscheidend verbessern können. Es ist jedoch besonders wichtig, die Erkrankung frühzeitig zu erkennen. Durch regelmäßige Untersuchungen und eine gute Fußpflege können Komplikationen vermieden oder frühzeitig behandelt werden. Eine enge Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt ist daher von großer Bedeutung, um das Risiko von traumatischen Skelettverletzungen und deren Folgen zu minimieren.

In Deutschland leiden ungefähr eine Million Menschen mit Diabetes an Polyneuropathie, und von ihnen sind etwa 0,5 bis 1 Prozent, also 5.000 bis 10.000 Patienten, von einem Charcot-Fuß betroffen. Sowohl Menschen mit Typ-1- als auch Typ-2-Diabetes sind gleichermaßen gefährdet. Die häufigsten betroffenen Gelenke sind diejenigen zwischen den Fußwurzel- und Mittelfußknochen (60 Prozent), gefolgt von den Gelenken zwischen den Zehen und Mittelfußknochen (20 Prozent) und den Sprunggelenken (10 Prozent).

Der zerstörerische Prozess beginnt mit einem relativ schmerzarmen, belastungsabhängigen entzündlichen Ödem, das auf ein Ermüdungstrauma des Skeletts zurückzuführen ist, ohne dass der Patient sich dessen bewusst sein muss. Als Folge davon bricht das Fußskelett regelrecht ein und es treten groteske Fehlstellungen des Fußes auf, begleitet von ausgedehnten Druckschäden der Haut und Infektionen. In schweren Fällen besteht die Gefahr einer Amputation.

Es kann lange Zeit dauern, bis auf einem Röntgenbild Hinweise auf Probleme sichtbar werden. In klinischer Hinsicht zeigt sich das zerstörerische Geschehen zunächst als Fuß, der möglicherweise entzündlich und stark geschwollen ist, aber kaum Schmerzen verursacht. Es kann sein, dass das Röntgenbild unauffällig ist. Der Destruktionsprozess stoppt scheinbar erst, nachdem bereits schwere Deformierungen und Versteifungen der Gelenke aufgetreten sind. Der Fuß kann dann nur noch mit Unterstützung von speziellen Schuhen benutzt werden, neigt zu Hautgeschwüren und Knochenentzündungen und birgt ein hohes Risiko für Amputationen. Es gibt keine medikamentöse Therapie.

Die Ursache für diese schweren Schäden am Skelett der Füße ist seit über 100 Jahren umstritten. Im Jahr 1883 war Charcot überzeugt, dass es sich um eine neurogene Knochenerkrankung handelt (neurotrophe Theorie), während Virchow vermutete, dass unbemerkte Knochenbrüche wahrscheinlich sind (neurotraumatische Theorie). Beide konnten ihre Theorien jedoch nicht beweisen. Nach der Entdeckung der Röntgenstrahlen war es möglich, die knöchernen Schäden des Charcot-Fußes in drei Stadien einzuteilen.• Stadium I: Knochenauflösung („dissolution“)• Stadium II: Knochenzusammenwachsung („coalescence“)• Stadium III: Knochenkonsolidierung und -umbau („remodeling“).Die Röntgendiagnostik hat nicht zur Klärung der Ursache beigetragen, sondern hat stattdessen von den auffälligen klinischen Symptomen abgelenkt. Zu Beginn der Erkrankung zeigt sich ein entzündliches Lymphödem im Fuß, das sich gegebenenfalls bis zum Knie erstreckt und aufgrund des geringen Schmerzempfindens zunächst an eine tiefe Beinvenenthrombose denken lässt.

Am Anfang der Erkrankung gibt es Knochenverletzungen, die zwar nicht auf Röntgenbildern, aber durch Magnetresonanztomographie (MRT) nachweisbar sind. Die MRT ermöglicht es, bei mechanischen Verletzungen an Knochen oder Gelenken (wie Quetschungen, Kontusionen oder Verstauchungen) pathologische Veränderungen im Knochengewebe zu erkennen, die auf Röntgenbildern nicht sichtbar sind.


Es kommt häufig vor, dass Ermüdungstraumata übersehen werden. Verlaufsuntersuchungen mittels MRT zeigen, dass das Osteoödem im frühen Stadium des Charcot-Fußes durch Verletzungen verursacht wird. Es tritt vor dem Stadium I der Knochendestruktion auf, nimmt im Verlauf stark zu und bildet sich während der Stadien II und III allmählich zurück, ähnlich wie ein normales Frakturödem.

Das Ermüdungstrauma des Skeletts kann im MRT als Knochenmarködem (Osteoödem) nachgewiesen werden, manchmal auch mit Blutungen im Knochenmark, je nach Schweregrad. Ein wichtiges klinisches Merkmal ist neben dem bereits erwähnten Lymphödem in der Regel starke Schmerzhaftigkeit, die jedoch bei Taubheit der Füße fehlt. Aus diesem Grund werden Ermüdungstraumata am Fußskelett bei Sensibilitätsstörungen häufig übersehen.Die Standardbehandlung für das Ermüdungstrauma, bevor es zu einer vollständigen Fraktur kommt, besteht darin, die verletzten Strukturen zu immobilisieren und zu entlasten. Sowohl diabetische Füße ohne Empfindungsvermögen als auch gesunde Füße sprechen gut auf diese Behandlung an und können sich im besten Fall vollständig erholen.


Der Hauptursachenfaktor ist eine gestörte Schmerzsensibilität. Nur Menschen mit erheblichen Empfindungsstörungen können einen Charcot-Fuß entwickeln. Der Hauptursachenfaktor von außen ist das mechanische Trauma. Nur Füße mit Empfindungsstörungen, die täglich in Funktion sind, können zu einem Charcot-Fuß führen, nicht jedoch die empfindungslosen Füße von querschnittsgelähmten oder bettlägerigen Patienten.

Zu den sekundären Risikofaktoren gehören Osteoporose jeglicher Ursache, Übergewicht und die Intensität der Fußaktivität (Gehen, Laufen usw.). Durch die Vermeidung weiterer Verletzungen vor Auftreten einer Fraktur kann die Entwicklung der Stadien I bis III des Charcot-Fußes verhindert werden.Durch eine rechtzeitige Immobilisierung und Entlastung der anfänglichen Verletzung, zum Beispiel durch das Anlegen eines Unterschenkelgipses, kann eine komplikationslose Heilung erreicht werden. Wenn die Behandlung zu spät beginnt, kann nur noch eine unvollständige Heilung mit Deformitäten und Steifheit der Gelenke erwartet werden. Obwohl die Empfindungsstörung weiterhin besteht, verlaufen die normalen Knochenheilungsprozesse bei diabetischer Polyneuropathie genauso wie bei neurologisch gesunden Patienten mit vergleichbaren Knochenverletzungen. Versuche der Heilung mit Bisphosphonaten und Kalcitonin waren erfolglos. Der diabetische Charcot-Fuß sowie die erbliche Polyneuropathie sind derzeit nicht heilbar.

Zusammenfassend kann der Charcot-Fuß heute als das Endstadium einer extremen Überlastungsverletzung des Fußes betrachtet werden, bei dem transartikuläre Frakturen auftreten, die nur aufgrund der fehlenden Schmerzreaktion bei empfindungslosen Füßen in diesem Ausmaß entstehen können. Der Auslöser ist eine Skelettverletzung mit Bildung einer Schwachstelle (zum Beispiel durch ein akutes Trauma oder eine Ermüdungsverletzung), gefolgt von einer anhaltenden (Über-)Belastung des verletzten Fußes, die wesentlich länger als normal dauert.


Um den Charcot-Fuß und seine schweren Schäden an der Skelettstruktur zu verhindern, werden folgende Empfehlungen zur Vorbeugung gegeben:

- Fußverletzungen ohne sichtbare Knochenveränderungen bei Personen mit eingeschränktem Schmerzempfinden sollten sofort behandelt werden, basierend auf einem pathologischen MRT-Befund, der ein Osteoödem zeigt. Die Behandlung sollte genauso erfolgen wie bei vergleichbaren Fußverletzungen bei Personen ohne neurologische Probleme.- Personen mit Polyneuropathie sollten über ihr Risiko informiert werden, einen Charcot-Fuß zu entwickeln.- Patienten mit Polyneuropathie sollten dazu angehalten werden, Verletzungen strikt zu vermeiden.


Priv.-Doz. Dr. med. Ludger Wilhelm Poll

Prof. Dr. med. Ernst Chantelau

@Literatur im Internet unter:

 
 
 

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